Am 17. Juli 2024 traf sich die Community of Practice Projektmanagement der Gesellschaft für Informatik e.V. zu einer angeregten Diskussion zum Thema „Disciplined Agile“. Moderiert von Dr. Martin Bertram (Vorstand PMI Germany Chapter) beleuchteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die verschiedenen Aspekte und Vorteile dieses umfassenden Prozessframeworks des Project Management Institute (PMI).
Einführung und Grundlagen zu Disciplined Agile
Disciplined Agile (DA) ist kein starres Vorgehensmodell, sondern eine offene Toolbox, die auf agilen Prinzipien basiert. Es ermöglicht Teams und Praktikern, die für ihren Kontext am besten geeigneten Methoden und Werkzeuge auszuwählen und anzupassen. DA bietet die Freiheit, Praktiken aus verschiedenen Ansätzen zu integrieren, erfordert aber gleichzeitig Disziplin in der Anwendung.
Skalierung und Agilität im großen Maßstab
Die Diskussion drehte sich auch um die Skalierbarkeit von Disciplined Agile. Taktische Agilität in großem Maßstab bezieht sich auf die Anwendung agiler und schlanker Strategien in einzelnen Teams, während strategische Agilität auf Organisationsebene agiles Arbeiten in der gesamten Organisation fördert. Dieser Ansatz ermöglicht die Anwendung von Agilität auf Teams jeder Größe, geografisch verteilte Teams und Teams mit komplexen Projekten.
Die vier Ebenen von Disciplined Agile
DA besteht aus vier Ebenen: Foundation, Disciplined DevOps, Value Streams und Disciplined Agile Enterprise (DAE). Die Foundation-Ebene bildet die konzeptionelle Grundlage und umfasst die DA-Denkweise, grundlegende Konzepte und menschenorientierte Themen wie Rollen und Teamstrukturen. Disziplinierte DevOps rationalisiert die IT-Entwicklung und den IT-Betrieb. Die Wertstromebene konzentriert sich auf die Bereitstellung von Wertströmen für Kunden und DAE fördert eine lernende und anpassungsfähige Organisationskultur.
Mindset und Prozessziele
Ein wesentlicher Bestandteil von DA ist das Mindset, das agile Werte und Prinzipien betont. Die Prozessziele von DA helfen Teams, fundierte Entscheidungen zu treffen und die für ihren Kontext am besten geeigneten Methoden auszuwählen. Diese Flexibilität und Kontextabhängigkeit fördert die kontinuierliche Verbesserung und Anpassung.
Vorteile und Nachteile von Disciplined Agile
Die Teilnehmenden diskutierten ausführlich die Vor- und Nachteile von DA. Zu den Vorteilen zählten die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Frameworks, die Integration verschiedener Methoden und die Förderung einer lernenden Organisation. Als Nachteile wurden die notwendige Disziplin und die mögliche Komplexität bei der Umsetzung gesehen.
DA bietet einen umfassenden Ansatz für Strategie, Projektmanagement, Programmmanagement und Produktmanagement. Es ermöglicht Organisationen, agil zu arbeiten und gleichzeitig strategische Ziele zu verfolgen. Die Integration von diszipliniertem DevOps und Wertströmen unterstützt die effektive und effiziente Bereitstellung von IT-Lösungen.
Vergleich mit ähnlichen Systemen
Disciplined Agile (DA) hat sich als umfassendes und flexibles Rahmenwerk für Prozessentscheidungen etabliert, das Teams und Organisationen dabei unterstützt, die für ihren spezifischen Kontext am besten geeigneten agilen Praktiken und Methoden auszuwählen und anzuwenden. Im Vergleich zu anderen etablierten agilen Frameworks erweist sich DA in vielerlei Hinsicht als besonders anpassungsfähig und umfassend. Dieser Artikel vergleicht Disciplined Agile mit ähnlichen Systemen wie Flight Levels, SAFe (Scaled Agile Framework) und LeSS (Large Scale Scrum).
Flight Levels: Flight Levels, ein von Klaus Leopold entwickeltes Konzept, konzentriert sich auf die Implementierung agiler Praktiken auf verschiedenen Ebenen einer Organisation: operativ, koordinierend und strategisch. Diese Ebenen werden als „Flight Levels“ bezeichnet und zielen darauf ab, eine ganzheitliche Sicht auf die Wertströme und Prozesse einer Organisation zu ermöglichen. Flight Levels helfen, die richtige Flughöhe für die Betrachtung von Problemen und Lösungen zu finden, um die gesamte Wertschöpfungskette zu optimieren.
Im Vergleich dazu bietet Disciplined Agile eine noch umfassendere Struktur, die nicht nur verschiedene Ebenen der Organisation adressiert, sondern auch spezifische Frameworks und Methoden integriert. DA umfasst vier Ebenen: Foundation, Disciplined DevOps, Value Streams und Disciplined Agile Enterprise (DAE). Diese Struktur ermöglicht eine noch detailliertere Anpassung und Integration agiler Praktiken.
SAFe (Scaled Agile Framework): SAFe ist ein weit verbreitetes Framework, das darauf abzielt, agile Prinzipien und Praktiken auf große Organisationen zu skalieren. Es bietet eine detaillierte Struktur mit Rollen, Verantwortlichkeiten und Prozessen, die es ermöglichen, agile Teams in großem Maßstab zu koordinieren. SAFe legt einen starken Fokus auf Program Increment Planning, eine wiederkehrende, zeitgesteuerte Planungseinheit, die sicherstellt, dass alle Teams auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.
Während SAFe eine klar definierte Struktur bietet, ist Disciplined Agile flexibler und anpassungsfähiger. DA erlaubt es Teams, verschiedene Methoden und Praktiken zu kombinieren und an den spezifischen Kontext anzupassen, was eine größere Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Projekte und Umgebungen ermöglicht. Diese Freiheit erfordert jedoch auch ein höheres Maß an Disziplin und Eigenverantwortung der Teams.
LeSS (Large Scale Scrum): LeSS ist ein Framework, das Scrum auf mehrere Teams skaliert, die an einem einzigen Produkt arbeiten. Es behält die Prinzipien und Werte von Scrum bei und erweitert sie, um die Koordination und Zusammenarbeit zwischen mehreren Teams zu ermöglichen. LeSS legt großen Wert auf Einfachheit und versucht, Bürokratie und Komplexität in großen Projekten zu minimieren.
Disciplined Agile geht über LeSS hinaus, indem es sich nicht nur auf die Skalierung von Scrum konzentriert, sondern auch andere agile und schlanke Praktiken integriert. DA bietet eine breitere Palette an Werkzeugen und Techniken, die Teams und Organisationen bei der Auswahl der für sie am besten geeigneten Praktiken unterstützen. Diese Vielseitigkeit macht DA zu einem leistungsfähigen Werkzeug für unterschiedliche Projektanforderungen und Organisationsstrukturen.
Disciplined Agile unterscheidet sich von anderen agilen Frameworks durch seine Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und umfassende Struktur. Während Flight Levels, SAFe und LeSS jeweils spezifische Ansätze zur Skalierung agiler Praktiken bieten, ermöglicht Disciplined Agile die kontextsensitive Auswahl und Integration verschiedener Methoden und Werkzeuge. Dies macht Disciplined Agile zu einem vielseitigen und leistungsfähigen Framework, das Organisationen dabei unterstützt, ihre agilen Praktiken optimal anzupassen und kontinuierlich zu verbessern.
Schlussfolgerung
Die Diskussion zu „Disciplined Agile“ hat gezeigt, dass dieses Framework eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden agilen und hybriden Ansätzen darstellt. Es fördert eine flexible und kontextabhängige Anwendung agiler Prinzipien und Methoden, die zu einer kontinuierlichen Verbesserung und Anpassung der Organisation führen kann. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass DA ein mächtiges Werkzeug für moderne Projektmanagementansätze ist und nachhaltige Veränderungen in Organisationen bewirken kann.
Der Foliensatz der Veranstaltung steht auf der Veranstaltungsseite zum Download bereit: https://fg-wi-pm.gi.de/fileadmin/FG/WI-PM/Veranstaltungen/CoP-PM/20240716_What-is-Disciplined-Agile.pdf
Veranstaltungshinweis
Am 26. und 27.09.2024 findet in Friedberg (bei Frankfurt am Main) die PVM2024 statt. Die Konferenz beschäftigt sich mit dem Thema “Neue Wege der Projektarbeit – Teamarbeit neu interpretiert”. Neben Vorträgen und Trainings gibt es ein attraktives Abendprogramm und viele Möglichkeiten zum Networking und Erfahrungsaustausch. Anmeldungen sind ab sofort unter https://pvm-tagung.de möglich.
Veranstaltungsreihe Community of Practice Projektmanagement (CoP-PM)
Die Community of Practice ist eine monatliche Veranstaltung für Projektmanager und Projektmanagement-Interessierte. Die Grundidee dieser Community ist es, eine Plattform zu schaffen, auf der sich Gleichgesinnte treffen und ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Bereich Projektmanagement austauschen können.
Jeden Monat wird ein neues Projektmanagement-Thema diskutiert und von Experten und erfahrenen Praktikern vorgestellt. Diese Themen decken ein breites Spektrum relevanter Aspekte ab, wie z.B. Projektplanung, Risikomanagement, Teammanagement, Kommunikation und Stakeholdermanagement. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, ihr Wissen zu erweitern, neue Einblicke zu gewinnen und Best Practices kennenzulernen, die in realen Projekten erfolgreich angewendet wurden.
Teilnahme nur auf Einladung der Fachgruppe Projektmanagement. Interessenten können sich auf die Warteliste setzen lassen. Weitere Informationen zur Fachgruppe Projektmanagement und zu zukünftigen Veranstaltungen finden Sie unter https://fg-wi-pm.gi.de.