Prozessgruppen im Projektmanagement

Ein erfolgreiches Projekt erfordert die Anwendung verschiedener Methoden, die jeweils einem der neun Wissensgebiete nach PMI zugeordnet werden können. Diese Wissensgebiete bilden den Rahmen für das systematische Planen, Steuern und Kontrollieren von Projekten und helfen dem Projektmanager, den Überblick zu behalten.

Die Wissengebiete hatten wir weiter vorne schon gelistet, aber eine kleine Wiederholung schadet vielleicht nicht?

Das Integrationsmanagement sorgt dafür, dass alle Projektbestandteile aufeinander abgestimmt werden. Dazu gehört die Entwicklung des Projektauftrags, das Erstellen und Abstimmen des Projektplans sowie die Koordination von Änderungen während des Projektverlaufs. Kurz gesagt: Integrationsmanagement hält das Projekt wie ein Dirigent zusammen, der dafür sorgt, dass alle Instrumente harmonisch zusammenspielen.

Das Inhalts- und Umfangsmanagement (Scope Management) befasst sich damit, den Projektinhalt klar zu definieren, den Umfang festzulegen und Änderungen kontrolliert zu steuern. Ziel ist es sicherzustellen, dass das Projekt genau das liefert, was vereinbart wurde – nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Typische Methoden sind die Erstellung der Work Breakdown Structure (WBS) oder das Change-Request-Management.

Das Terminmanagement stellt sicher, dass das Projekt rechtzeitig abgeschlossen wird. Es umfasst die Planung der Aktivitäten, die Festlegung von Meilensteinen, die Ressourcenallokation und die Überwachung des Fortschritts. Werkzeuge sind unter anderem Gantt-Diagramme, Netzplantechniken oder agile Iterationen.

Das Kostenmanagement dient dazu, das Projekt innerhalb des Budgets zu halten. Dazu gehören Kostenschätzung, Budgetplanung, Kostenkontrolle und Abweichungsanalyse. Ziel ist es, finanzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, bevor das Budget überschritten wird.

Das Qualitätsmanagement stellt sicher, dass die Projektprodukte die gewünschten Anforderungen erfüllen. Dazu zählen die Qualitätsplanung, Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle. Werkzeuge können Checklisten, Audits oder Testverfahren sein. Beispiel: Bei der Entwicklung einer Software werden Codereviews und automatisierte Tests durchgeführt, um die Qualität zu gewährleisten.

Das Personalmanagement beschäftigt sich mit der Ressourcenplanung und -steuerung, insbesondere des Projektteams. Aufgaben sind die Teamzusammenstellung, Rollenverteilung, Motivation, Konfliktmanagement und Leistungsbewertung. Ein gut geführtes Team ist entscheidend für den Projekterfolg – selbst der beste Plan scheitert ohne engagierte Mitarbeitende.

Das Kommunikationsmanagement ist ein Schlüsselfaktor im Projekt. Es umfasst die Planung, Umsetzung und Kontrolle von Informationsflüssen zwischen allen Projektbeteiligten. Tools sind Statusberichte, Meetings, Stakeholder-Register oder moderne Projektmanagement-Software. Ziel ist, Informationen rechtzeitig, vollständig und verständlich bereitzustellen.

Das Risikomanagement dient der Identifikation, Analyse, Bewertung und Steuerung von Risiken. Dazu gehört die Entwicklung von Präventions- und Reaktionsmaßnahmen. Beispiel: In einem Bauprojekt könnten Wetterrisiken, Lieferverzögerungen oder Materialengpässe analysiert und entsprechende Maßnahmen geplant werden.

Das Beschaffungsmanagement regelt die Planung, Auswahl, Steuerung und Kontrolle externer Leistungen. Dazu gehört das Erstellen von Ausschreibungen, Verhandeln von Verträgen, Auswahl von Lieferanten und die Überwachung der Vertragserfüllung. Ziel ist, dass benötigte Produkte oder Dienstleistungen rechtzeitig, in der richtigen Qualität und zum vereinbarten Preis bereitgestellt werden.

Die Zuordnung von Projektmethoden zu diesen Wissensgebieten basiert auf dem Inhalt der jeweiligen Methode. Projektmanagement erfordert jedoch zusätzlich branchenspezifisches Wissen, rechtliche Kenntnisse, IT-Wissen oder allgemeines Managementwissen. 

Die Zuordnung zwischen Projektprozess / Methode und Wissensgebiet basiert also auf dem Inhalt der jeweiligen Methode. Mit der Frage, wann welche Methode anzuwenden ist, beschäftigt sich die Gruppierung der PM-Prozesse. Die fünf Prozessgruppen hatten wir auch weiter vorne schon beschrieben:
1. Initiierung
2. Planung
3. Ausführung
4. Steuerung (im Sinne von Kontrolle/Messung)
5. Abschluss

Die fünf Prozessgruppen des Projektmanagements werden in jeder Projektphase verwendet.

Mit anderen Worten: Die Einordnung von Prozessen und Methoden in Prozessgruppen stellt lediglich ein alternatives Ordnungssystem dar, das sich von der Einordnung in Wissensgebiete unterscheidet. Welchen Ansatz Sie wählen, hängt von Ihren Zielen ab – sei es zum schnellen Nachschlagen oder zum vertieften Lernen. Idealerweise sollten Sie beide Systematiken kennen und verstehen, da sie sich gegenseitig ergänzen.

Bevor die Inhalte der einzelnen Prozessgruppen näher erläutert werden, ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen Projektphasen – also dem iterativen Hinarbeiten auf das Ziel – und den Prozessgruppen zu verdeutlichen. In der Praxis werden in jeder Projektphase in der Regel alle Projektmanagementprozessgruppen durchlaufen, sei es Initiieren, Planen, Steuern oder Abschließen.

Diese Betrachtung erleichtert die Trennung von Projektmanagementprozessen und fachlichen Projektprozessen, da sie zeigt, welche Methoden unabhängig vom Projektinhalt und welche spezifisch auf das Projektziel ausgerichtet sind. So wird deutlich, dass Prozessgruppen ein methodisches Werkzeug darstellen, um die Projektarbeit systematisch und nachvollziehbar zu strukturieren.

Projektphasen beinhalten meist Aktivitäten aus allen fünf Prozessgruppen des Projektmanagement.

Die Grafik deutet diese Überlagerung an. Die einzelnen Projektmanagementprozesse werden mehr oder minder in (fast) jeder Projektphase angewendet. Werden beispielsweise die Planungsprozesse betrachtet, gibt es natürlich am Projektbeginn eine Gesamtplanung – diese ist jedoch auf einem groben Niveau. Da das Wissen über das Projekt mit der vergehenden Zeit zunimmt, macht es Sinn in jeder Projektphase eine Detailplanung für die jeweilige Projektphase durchzuführen. 
Ähnlich verhält es sich mit dem Initiierungsprozess: es gibt bei Projektbeginn, je nach Projekt- oder Unternehmenskultur eine Projektinitiierung. Dies wird oft durch Kickoff Meeting, Projektstartworkshop oder ähnliche Events zum Ausdruck gebracht. Des Weiteren macht es jedoch Sinn vor jeder neuen Projektphase einen Phasenkickoff durchzuführen, um das Team und die anderen Stakeholder auf die jeweiligen Erfordernisse der neuen Projektphase aufmerksam zu machen.
Eine wichtige Aufgabe des Projektmanagers ist die Feststellung, welche der Projektmanagementprozesse tatsächlich in der notwendigen Projektphase anzuwenden sind.
Beispielsweise wird das Beschaffungsmanagement hauptsächlich zu Projektanfang laufen und in späteren Projektphasen nur noch punktuell (z.B. bei Krankheitsfällen oder anderen Personalengpässen) relevant sein. Daher liefert der Werkzeugkasten für Projektleiter eine Reihe von Werkzeugen, welche in den Wissensgebieten beschrieben werden.
Es sind sog. Vorgehensmodelle im Umlauf, welche versuchen diese Schwierigkeit zu mindern, indem Sie, vorschreiben, wann welche Projektmanagementprozesse durchzuführen sind. Dies funktioniert meist nur in einem engen Rahmen einer bestimmten Projektart.

Über die Projektphasen verteilt könnt das so aussehen:

Studie

  • Initiierung: Projektidee prüfen, Sponsor benennen

  • Planung: Studienauftrag, Methoden, Zeitplan

  • Ausführung: Markt- und Machbarkeitsanalyse

  • Steuerung: Status, Risiken, Änderungen

  • Abschluss: Studienentscheidung, Dokumentation

Analyse

  • Initiierung: Phasenauftrag, Kick-off Analyse

  • Planung: Analyseplan, Stakeholder- und Interviewplan

  • Ausführung: Interviews, Prozessaufnahme, Anforderungen

  • Steuerung: Qualitätsprüfung der Requirements, Backlog pflegen

  • Abschluss: Abnahme Anforderungskatalog, Lessons Learned

Design

  • Initiierung: Phasenstart Design, Ziele und Schnittstellen klären

  • Planung: Architekturplan, Spezifikationen, Prototypenplan

  • Ausführung: Entwürfe, Architektur, Prototyp

  • Steuerung: Reviews, Design-Changes, Risiken

  • Abschluss: Design-Freeze, Baselines

Entwicklung/Umsetzung

  • Initiierung: Kick-off Entwicklung, Arbeitsweise festlegen

  • Planung: Release- und Iterationsplan, Ressourcen

  • Ausführung: Implementierung, notwendige Beschaffung

  • Steuerung: Code-Reviews, Fortschritt, Tests, EVM optional

  • Abschluss: Release-Build, Übergabe an Test

Test

  • Initiierung: Start der Testphase, Zielkriterien bestätigen

  • Planung: Testplan, Fälle, Umgebungen

  • Ausführung: Tests durchführen, Defects erfassen

  • Steuerung: Metriken, Defect-Boards, Priorisierung

  • Abschluss: Testreport, Freigabe zur Einführung

Produktion/Einführung

  • Initiierung: Rolloutstart, Go-live-Entscheidung

  • Planung: Cutoverplan, Schulungen, Kommunikation

  • Ausführung: Migration, Rollout, Schulungen

  • Steuerung: Hypercare, SLA-Überwachung, Change

  • Abschluss: Projektabschluss, Nutzenreview, Übergabe an Betrieb

Was bedeuten die Prozessgruppen? Erläuterung der Projektmanagement-Prozessgruppen

Prozessgruppe Initiierung

In der Prozessgruppe Initiierung steht der Initiierungsprozess. Er wird zum Projektstart und dann wieder zum Start jeder Projektphase durchlaufen.
Wichtige Ziele der Initiierung sind:

  • Verteilung der notwendigen Informationen, damit wir von Anfang an effektiv/effizient arbeiten
  • Nachlässigkeiten in frühen Projektphasen führen später zu (teuren) Schwierigkeiten, daher werden die Ziele und die Arbeitsweise der jeweiligen Projektphase geklärt
  • Die Informationen über das Projekt werden ausgetauscht und unter den Stakeholdern angeglichen
  • Das Projekt, bzw. die nächste Projektphase wird in allen Teilen und Zusammenhängen betrachtet (nicht in allen Details)

Es soll eine Übereinstimmung aller Beteiligten zu allen Fragen möglichst früh erreicht werden.
Wie bei allen Prozessgruppen wiederholen sich die Prozesse und interagieren miteinander. Die sequentielle Darstellung ist eine Vereinfachung.

Prozessgruppe Ausführung

Unter Ausführung versteht man die Koordination der Mitarbeiter und anderer Ressourcen und deren Zuordnung zu den Vorgängen im Projektplan, damit das Projektziel erreicht wird. Hierzu gehören Prozesse, wie die Arbeitspaketfreigabe.
Unterstützt wird die Ausführung von Hilfsprozessen, wie Qualitätssicherung, Informationswesen, Teamentwicklung oder Lieferantenauswahl, usw

Prozessgruppe Planung

Unter Planung werden alle Prozessschritte zur Planung des Projekts oder zur Detailierung der jeweilig Projektphase zusammengefasst. Ggf. werden Handlungsalternativen geprüft und ausgewählt.
Die wichtigsten Projektmanagementprozesse in der Prozessgruppe Planung sind:

  • Planung Inhalt und Umfang
  • Definition Inhalt und Umfang
  • Definition der Vorgänge
  • Festlegen der Vorgangsfolgen
  • Einsatzmittelbedarfsplanung
  • Schätzung der Vorgangsdauern
  • Kostenschätzung
  • Risikomanagementplanung
  • Entwicklung des Terminplans
  • Kostenplanung
  • Zusammenstellung des Projektplans

Hierzu gibt es noch eine Reihe von Hilfsprozessen, wie Qualitätsplanung, Beschaffungsplanung, usw.

Da wir allen Aktivitäten der Qualitätssicherung ein hohes Maß an Bedeutung beimessen, wärend hier beispielsweise die Qualitätsplanung als Hilfsprozess genannt wird haben wir bei pmqs.de einen eigenen Abschnitt Qualitätssicherung geschaffen, um eben diese Bedeutung zu betonen.

Prozessgruppe Steuerung

Diese Prozessgruppe beschäftigt sich mit der kontinuierlichen Überwachung der Zielerreichung im Projekt. Interessanterweise wäre das englischsprachige “control processes” in der deutschen PMBOK Guide version Besser als “Kontrolle” anstatt als Steuerung übersetzt worden. (Was wörtlich gesehen natürlich falsch gewesen wäre.) In der Prozessgruppe Steuerung gibt es zwei Hauptprozesse:

  • Berichtswesen, zur Sammlung und Verteilung (Stakeholderorientierung!) der Projektleistung und
  • die integrierte Änderungssteuerung, um die Änderungen zu koordinieren (im deutschsprachigen Raum auch bekannt als Change Request Prozess)

Die Hauptprozesse werden durch eine Vielzahl von Hilfsprozessen unterstützt; dazu gehören Abnahmeprozesse für Anforderungen und andere Ergebnistypen, Änderungsüberwachung (Change Request Management), Termin- und Kostensteuerung und Risikoüberwachung.

Prozessgruppe Abschluss

Die abschließenden Prozesse beschäftigen sich mit

  • Vertragsbeendigung und
  • dem administrativen Abschluss des Projekts.

Bei ersterem muss dafür gesorgt werden, dass die Abnahme des Projektprodukts erfolgt und die Verträge ordentlich beendet werden können und bezahlt werden, usw. werden.

Beim administrativen Abschluss geht es um die interne Beendigung des Projekts im Unternehmen. Hierzu gehören Abschlussbericht, Lessons Learned Workshops und – nach PMI ganz wichtig – die Befüllung der “Datenbank mit historischen Projektdaten”, um das erworbe Wissen auch zukünftigen Projekten (und Projektmanagern) zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassung

Das PMI Projektmanagementsystem strukturiert sich nach fünf Prozessgruppen

  • Initiierung,
  • Planung,
  • Steuerung/Kontrolle,
  • Ausführung und
  • Abschluss.

 Sie werden jeweils für das Gesamtprojekt und für jede wesentliche Projektphase mehr oder minder vollständig durchlaufen werden.

Die fünf Prozessgruppen des Projektmanagements werden in jeder Projektphase verwendet.

Die Einzelprozesse der fünf Prozessgruppen werden im PMBOK Guide (A Guide to the Projectmanagement Body of Knowledge) erläutert. Dabei werden jeweils Eingangsdokumente, Methoden und Werkzeuge und die Ergebnisse beschrieben.
Die Einzelprozesse können den neun Wissensgebieten zugeordnet werden, die im Folgenden beschrieben werden. Da im PMBOK Guide die meisten Werkzeuge nur genannt, aber nicht näher beschrieben werden, besteht die Notwendigkeit sein Methodenwissen aus zusätzlichen Quellen zu speisen.