Am 1. Juli 2025 fand in Frankfurt/Main das Treffen der „Community of Practice Projektmanagement“ statt. Die Veranstaltung wurde von der Fachgruppe Projektmanagement der Gesellschaft für Informatik e.V. organisiert und bot Projektleitern und PM-Experten die Möglichkeit, sich intensiv mit aktuellen Fragestellungen des Projektmanagements auszutauschen.
Im Mittelpunkt stand diesmal das Thema „Reifegrade der Projektorganisation“, das von Anne Tenzer präsentiert wurde. Anne Tenzer ist Projektleiterin bei der CBM Christoffel-Blindenmission Christian Blind Mission e.V. und verantwortet organisationsweite Change & Transformation-Projekte. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Betriebswirtin (BA) begann sie ihre Karriere bei einem renommierten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshaus im Bereich Asset Management. Anschließend war sie 13 Jahre als Senior Projektleiterin bei einer großen Fondsgesellschaft in Frankfurt tätig, wo sie komplexe, oft internationale Projekte in den Bereichen Prozessoptimierung, Regulatorik sowie Softwareentwicklung und -migration leitete. Anne Tenzer ist Certified Project Manager (IPMA Level C) und engagiert sich aktiv in der Fachgruppe Projektmanagement der Gesellschaft für Informatik e.V.
Das Treffen startete mit der Erläuterung der Relevanz des Themas: Die Reife einer Projektorganisation ist ein maßgeblicher Erfolgsfaktor für Projekte. Reife Organisationen zeichnen sich durch klar definierte Strukturen, transparente Entscheidungswege und eine unterstützende Unternehmenskultur aus. Im Gegensatz dazu stehen unreife Organisationen, die häufig unter fehlender Standardisierung, unklaren Verantwortlichkeiten und mangelnder Zusammenarbeit leiden.
Die Teilnehmer erhielten einen systematischen Einblick in Kriterien und Merkmale, die zur Einordnung des Reifegrads einer Projektorganisation herangezogen werden können. Reife Organisationen verfügen über dokumentierte Projekt-Handbücher, strukturierte Entscheidungsprozesse, eine ausgeprägte cross-funktionale Zusammenarbeit sowie eine differenzierte Budgetierung und Priorisierung von Projekten. Unreife Organisationen hingegen kämpfen mit fehlenden Standards, unklaren Entscheidungswegen, fragmentierter Zusammenarbeit und schwacher Ressourcenzuteilung.
Die Präsentation wurde durch praxisnahe Beispiele illustriert: Ein Unternehmen als Beispiel einer reifen Organisation stand einem anderen Unternehmen gegenüber, das eine unreife Projektorganisation repräsentiert. In der sich anschließenden lebhaften Diskussion tauschten die Teilnehmer ihre Erfahrungen und Herausforderungen aus. Thematisiert wurden unter anderem die Einführung von Projekt-Handbüchern, die Etablierung klarer Entscheidungswege und die kulturellen Herausforderungen bei der Entwicklung einer reifen Organisation. Besonders wurde hervorgehoben, wie wichtig das Commitment der Führungsebene und die Förderung von Knowhow und Kompetenzen sind.
Vertieft wurde die Diskussion an zentralen Leitfragen: Im Bereich Prozesse und Rollen wurde intensiv erörtert, wie wichtig standardisierte Projekt-Handbücher für den Projekterfolg sind. Vor allem unreife Organisationen benötigen Orientierung, haben aber oft mit Widerständen wie fehlender Akzeptanz oder fehlenden Ressourcen für Dokumentation zu kämpfen. Entscheidungswege wurden als kritischer Erfolgsfaktor für Effizienz und Qualität identifiziert, wobei fehlende oder intransparente Prozesse zu Verzögerungen führen können. Die Teilnehmenden tauschten wirksame Ansätze zur klaren Abgrenzung zwischen Linien- und Projektorganisation aus.
Im Bereich Unternehmenskultur und Management-Kultur wurde diskutiert, dass eine unterstützende Kultur entscheidend für die Reife der Organisation ist. Herausforderungen wie Silodenken, mangelnde cross-funktionale Zusammenarbeit und schwaches Projektverständnis im Management wurden benannt. Der Erfahrungsaustausch zeigte Maßnahmen auf, um kulturelle Barrieren etwa durch Trainings oder bewusstes Vorleben der Führungskraft zu überwinden.
Knowhow und Skills der Mitarbeitenden waren weitere Schwerpunkte: Fortlaufende Weiterbildung, Mentoring und Job-Rotation wurden als wichtige Instrumente zur Kompetenzentwicklung hervorgehoben. Die Identifikation von Kompetenzlücken stellt in vielen Organisationen eine Herausforderung dar.
Zur Budgetierung und Projektvolumen wurde berichtet, dass in unreifen Organisationen oft eine unklare Trennung zwischen Linien- und Projektbudgets besteht, was zu Ressourcenineffizienzen führt. In reifen Organisationen herrscht dagegen ein klarer, zahlenbasierter Ansatz. Auch die Priorisierung und Bewertung von Projekten stand im Fokus, wobei Methoden wie Portfolio-Bewertungen und Strategieworkshops als wichtig erachtet wurden, um die Projektlandschaft an den Unternehmenszielen auszurichten.
Abschließend wurde gemeinsam festgehalten, dass der Reifegrad von der gelebten Unternehmenskultur, den Kompetenzen der Mitarbeitenden und dem Management-Commitment maßgeblich abhängt. Eine universelle Lösung gibt es nicht, sondern Maßnahmen müssen individuell auf Organisation und Branche zugeschnitten sein. Der offene Austausch in der Community ermöglicht es, eigene Strukturen kritisch zu reflektieren und wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung zu gewinnen.
Die Veranstaltungsreihe der Community of Practice Projektmanagement findet regelmäßig statt und richtet sich an alle, die ihr Projektmanagement-Knowhow vertiefen und von den Erfahrungen anderer profitieren möchten. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung sind auf der Webseite der Fachgruppe Projektmanagement der Gesellschaft für Informatik e.V. (https://fg-wi-pm.gi.de) verfügbar: https://fg-wi-pm.gi.de/fachgruppe/community-of-practice-projektmanagement