Digitale Souveränität – Digitale Abhängigkeit: Eine große Herausforderung für den privaten und den öffentlichen Sektor

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Der Vortrag “Digitale Nachhaltigkeit” von Guido Bacharach, Jakob Jäger und Prof. Dr. Harald Wehnes im Rahmen der PVM2023 beschäftigte sich mit dem Thema der digitalen Souveränität und dem Einsatz von Open Source Software in Projekten. Die Autoren zeigen auf, dass digitale Abhängigkeit, wie sie beispielsweise durch dominante Softwaregiganten entsteht, für Unternehmen und Organisationen kritisch ist. Sie vergleichen diese Abhängigkeit sogar mit der Abhängigkeit von russischem Gas und zeigen auf, dass sie weitreichende finanzielle und operative Konsequenzen haben kann.

Ein wichtiger Aspekt des Vortrags ist der Fokus auf digitale Souveränität, definiert als die Fähigkeit von Individuen und Institutionen, ihre Rollen in der digitalen Welt unabhängig, selbstbestimmt und sicher auszuüben. Die Autoren stellen den “Digital Souveränity Score” vor, ein Instrument zur Bewertung von Softwareprodukten im Hinblick auf die Förderung digitaler Souveränität.

Als Lösung für das Problem der digitalen Abhängigkeit wird unter anderem Open Source Software (OSS) vorgeschlagen. OSS bietet die Möglichkeit, digitale Souveränität zu stärken, da sie in der Regel keine monopolistischen Strukturen unterstützt, transparent ist und Interoperabilität fördert. Darüber hinaus betonen die Autoren die Wichtigkeit, ein Bewusstsein für digitale Abhängigkeiten zu schaffen und Maßnahmen zur Stärkung der digitalen Souveränität zu ergreifen, wie z.B. den Einsatz von OSS.

Ein weiterer kritischer Punkt ihres Vortrags bezog sich auf die Problematik der Abhängigkeit von einzelnen Infrastrukturanbietern, insbesondere im Kontext von zunehmender Nutzung von Cloud-Infrastrukturen durch Unternehmen (und anderen Institutionen). Die Autoren wiesen darauf hin, dass viele dieser Hyperscaler ihren Sitz im Ausland hätten, was zusätzliche Risiken in Bezug auf Datenhoheit, Sicherheit und Compliance mit sich bringe. Diese Abhängigkeit von ausländischen Anbietern könne die digitale Autonomie und Sicherheit von Organisationen gefährden. In Europa gibt es eine Reihe von Initiativen zu diesem Thema. Die vielleicht bekannteste Initiative, GAIA-X, ist ein Projekt, das von Deutschland und Frankreich ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, eine sichere und vernetzte Dateninfrastruktur für Europa zu schaffen. Die European Data Infrastructure (EDI) Initiative konzentriert sich auf den Aufbau einer leistungsfähigen und sicheren Dateninfrastruktur in Europa. Sie umfasst die Entwicklung von Datenverarbeitungs- und Speicherkapazitäten, die europäischen Standards und Regelungen entsprechen. Der Verband EuroCloud vertritt die Interessen von Cloud-Anbietern und -Nutzern in Europa.Die European Cloud Partnership (ECP) will den öffentlichen und privaten Sektor zusammenbringen, um Cloud Computing in Europa zu fördern und die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Cloud-Strategie zu unterstützen.

Zusammenfassend argumentieren Bacharach und Wehnes, dass die verstärkte Nutzung von Open Source Software, die Nutzung und Förderung europäischer Projekte und die Förderung der digitalen Souveränität insgesamt wesentliche Schritte sind, um die Risiken der digitalen Abhängigkeit zu minimieren und eine nachhaltige digitale Zukunft zu sichern. Sie betonen, dass dies nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Behörden und Einzelpersonen von großer Bedeutung ist und bisher stark unterschätzt wird.

Der Volltext des Beitrags kann im Tagungsband nachgelesen werden. Der Foliensatz zum Vortrag ist auf der Webseite der Fachgruppe Projektmanagement einsehbar: https://fg-wi-pm.gi.de/veranstaltung/projektmanagement-und-vorgehensmodelle-2023-nachhaltige-it-projekte

Tagungsband

Axel Kalenborn, Masud Fazal-Baqaie, Oliver Linssen, Alexander Volland, Enes Yigitbas, Martin Engstler, Martin Bertram (Hrsg.): Projektmanagement und Vorgehensmodelle 2023. Nachhaltige IT-Projekte, Lecture Notes in Informatics (LNI) – Proceedings, Volume P-340, Bonn: Gesellschaft für Informatik und Köllen 2023 (ISBN 978-3-88579-734-0)

Dieser Problematik wird sich nun von der Gesellschaft für Informatik e.V. in umfassender Form mit der Veranstaltung Informatik Festival 2024 angenommen:

Vom 24. bis 26. September 2024 ist das INFORMATIK FESTIVAL zu Gast auf dem Campus Kurt-Schumacher-Ring der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Unter dem diesjährigen Motto „Lock-in oder log-out? Wie digitale Souveränität gelingt” können ab sofort bis zum 29. Januar 2024 Workshopvorschläge über den Call for Participation eingereicht werden!

In diesem Jahr können sich auch interessierte und motivierte Personen außerhalb der Gesellschaft für Informatik für einen Programmpunkt oder Beitrag im Rahmen des Festivals bewerben. Alle interessierten Personen haben dabei die Möglichkeit, Ideen nicht nur in Form von Workshops einzubringen, sondern auch verschiedene Formate wie Online-Sessions, Paneldiskussionen, Postersessions oder auch eigene kreative Sessions anzumelden und auszuprobieren.

https://informatik2024.gi.de/call-for-participation